Sonntag, 19. November 2023, 16 Uhr
Orgelvesper
Orgel: Markus Goecke, Euskirchen
Markus Goecke errang durch seine CD minimal music for organ (audite 97.474) mit Kompositionen von Jan Welmers und die Gesamteinspielung der Hymnen von Jean Titelouze (marc aurel edition, LC 00572 Catalogue number MA 20033) internationale Anerkennung. Er war 1989 Preisträger beim Concours Suisse de l'Orgue und pflegt eine rege internationale Konzerttätigkeit. Seine Fachkenntnis bedingte Aufträge für wissenschaftliche Veröffentlichungen (Lexikon der Orgel, Hrsg. Dr. H. J. Busch, Laaber Verlag).
Er studierte Orgel u. a. bei Andreas Rothkopf und Marie-Claire Alain und Cembalo bei Huguette Dreyfus und Kenneth Gilbert. Sein mitreißendes Spiel und seine außergewöhnlichen Programme geben immer wieder Anlass zu Einladungen zu internationalen Festivals und Konzertreihen: 1988, 1989, 1994 und 1996 Festival Suisse de l'Orgue, 1989 Concerti d' ottobre Firenze, 1993 und 1995 Internationale Orgelkonzerte Bonn-Beuel, 1999 Aachener Dom, 2001 Orgelpunkt Memmingen, 2002 Schwarzrheindorfer Orgelherbst, 2003 Orgelfestival Limburg, 2005 5. Deutschen Minimal Music Festival Kassel, 2006 Orgelsommer Neuwied, 2008 und 2014 Dom zu Fulda, 2013 Berliner Dom, 2014 Musikfestival Abtei Brauweiler classic nights, 2015 11. Kölner Musiknacht, 2020 Organ Late Night Düsseldorf Oberkassel, 2022 Mariendom Neviges, 2016, 2018, 2020, 2021 und 2023 Cathédrale de Luxembourg, 2023 Bamberger Dom. Rundfunkaufnahmen entstanden für France musique und Radio Suisse Romande. Radio Bremen, Kulturradio rbb, concertzender.nl, Radio Klassik Stephansdom, WDR 3 und France musique sendeten Aufnahmen mit Musik von Welmers und Titelouze.
Programm
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Preludio e Fuga per l’Organo pieno (in a) BWV 543
Johann Pachelbel (1653-1706)
Alle Menschen müssen sterben.
Ciacona (in f)
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
aus Sammlung Neumeister
Alle Menschen müssen sterben BWV 1117
Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621)
Mein junges Leben hat ein End
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
aus Orgelbüchlein
(Alle Menschen Müßen sterben.) Alio modo. BWV 643
Johann Sebastian Bach (1685-1750)
Passacalia en C.b. con Pedale BWV 582
Informationen zu den Werken
Das Preludio e Fuga in a-Moll von Johann Sebastian Bach ist ein Meisterwerk aus seiner frühen Weimarer Zeit, das er in späterer Lebenszeit noch einmal überarbeitete. Das Präludium wird mit einer chromatisch abwärtsschreitenden Dreiklangsbrechung eröffnet, welche in einen concerto-artigen Teil geführt wird. Das Fugenthema ist durch typische Violinfiguren gekennzeichnet. Die Akkordbrechungen am Ende des Themas erinnern sehr an Figuren aus dem (von Bach für die Orgel bearbeiteten) Konzert in a-moll op. 3, Nr. 8 von Antonio Vivaldi. Die Orgelkomposition fand in der romantischen Epoche Bewunderung wichtiger Pianist:innen (F. Mendelssohn, J. Brahms, C. Schumann) und erlangte besonders durch die Klaviertranskription von Franz Liszt weitere Berühmtheit.
Der Monat November ist in unserem Kulturkreis der Monat des Totengedenkens. Aus diesem Grund durchziehen Kompositionen über den Choral „Alle Menschen müssen sterben“ das heutige Programm. Johann Pachelbel ist als Komponist und Organist vor allem süddeutsch geprägt, wirkte aber viele Jahre auch in Mitteldeutschland. Er hatte direkte Verbindung zur Musikerfamilie Bach. Er war der Orgellehrer von Johann Christoph Bach, dem älteren Bruder von Johann Sebastian Bach. Die Partita über „Alle Menschen müssen sterben“ und die Ciacona in f-Moll sind Variationswerke. Die Partita variiert den Sterbechoral auf 8 verschiedene Weisen. Die Ciacona, vielleicht die beliebteste Orgelkomposition Pachelbels, ist wie auch die Passacalia am Ende des Programms eine typische Basso-ostinato-Variation. Die Bassfigur wird fortlaufend wiederholt und die Oberstimmen variieren mit abwechslungsreichen Figuren.
Jan Pieterszoon Sweelinck wirkte seit 1580 als Organist an der Oude Kerk in Amsterdam und war einer der international angesehensten Komponisten, Spieler und Lehrer an der Schwelle zwischen Renaissance und Barock (zu seinen Schülern zählten Heinrich Scheidemann, Jakob Praetorius und Samuel Scheidt). Mein junges Leben hat ein End’ ist ein Meisterwerk frühbarocker Variationskunst. Der Komponist hat die Aufgabe, seinen Ideenreichtum durch möglichst viele verschiedene Figuren unter Beweis zu stellen. Im Gegesatz zur hochbarocken Ästhetik, die wir bei Pachelbel erkennen können, wechseln die Figuren bei Sweelinck nicht nur zwischen den Strophen sondern nach jeder Liedzeile.
Was soll man in wenigen Worten über ein Meisterwerk wie Bachs Passacalia schreiben? Sie ist ein Stück des jungen Komponisten und entstand vermutlich in Arnstadt in den Jahren 1706-1713. Einflüsse von Buxtehude und Pachelbel sind zu erkennen. Aber zu welcher Größe steigert Bach die Möglichkeiten! Das Thema ist die Kombinationen zweier viertaktiger Passacaglienthemen des französischen Komponisten André Raison, die Bach zu einer achttaktigen Einheit zusammenführt. Er beginnt entgegen den meisten Vorbildern mit dem Bassthema allein. Es erklingt insgesamt 21 mal als Grundlage der abwechslungsreichen Variationen und geht dann unmittelbar in eine Fuge über, deren Thema nur die erste Hälfte des Passacalia-Themas zitiert. Bach notiert hier Fuga con subjectis, denn ab dem 2. Themeneinsatz kombiniert er das Thema konsequent mit zwei beibehaltenen Kontrapunkten (einer gestoßenen Achtelfigur und einer durchlaufenden, schaukelnden 16tel-Linie). Insgesamt erklingt das Fugenthema 12 mal. Auf dem Höhepunkt der Spannung, einem neapolitanischen Sextakkord reißt die Musik plötzlich ab und wird in einen monumentalen Schluss geführt.
MG